Robin hilft Robin – Burgbühne spielt weiter

Hauptdarsteller verletzt sich auf der Bühne – zum Glück gibt es Ersatz

Wenn es dicke kommt, dann richtig! Die vierte Vorstellung von Robin Hood am Samstagabend verläuft fantastisch. Schon im ersten Akt feiern die Zuschauer das mittelalterliche Spektakel auf der Dilsberger Bühne. Die Darsteller haben das Publikum schnell in ihren Bann gezogen und werden immer wieder mit Zwischenapplaus belohnt.

Doch während die Geschichte im Sherwood Forest einem Happy End entgegen gehen sollte, gibt es ein plötzliches und weniger erfreuliches Ende. Nicht nur der einsetzende Regen – auch ein Unfall des Hauptdarstellers beenden die Vorstellung vorzeitig. Ein Seil auf der Bühne wird Robin Hood-Darsteller Simon Winter zum Verhängnis. Er landet nach einem Sprung unglücklich auf einem Knoten, rutscht ab und verletzt sich den Fuß. Noch ignoriert er den starken Schmerz, spielt bis zur Pause weiter. Die Hoffnung auf eine leichte Verstauchung bewahrheitet sich nicht, der Fuß wird immer dicker. Darsteller und manch ein Zuschauer bemerken da schon: Irgendetwas stimmt nicht.

In der Pause geht es direkt ins Krankenhaus. Nach dem Röntgen steht fest: Der Fuß ist gebrochen. Das war´s. Weiterspielen ist für Simon Winter unmöglich, er fällt für die restliche Spielsaison aus.

„Für uns alle war das ein großer Schock“, sagt Markus Winter, Vorstand der Burgbühne Dilsberg. Nachdem der erste Schreck verdaut ist, kommt Bewegung auf die Bühne. Markus Winter ruft am Sonntagmorgen Vorstand und Verantwortliche zusammen, um zu beraten ob und wie es weitergehen kann. Auch eine Absage sämtlicher Aufführungen steht im Raum. Doch es gibt glücklicherweise noch eine weitere Möglichkeit: Sebastian Weitzel. Er hatte bis März als Robin Hood geprobt und sich dann – verrücktes Schicksal –das Bein gebrochen und war ebenfalls ausgefallen. Aber einen Großteil der Dialoge und Kampfszenen hatte er bis dahin schon geübt.

Der 21jährige liegt noch im Bett, als Regisseurin Tanja Emmerich bei ihm anruft: Er solle sofort auf die Bühne kommen, sagt sie ihm. Und fragt, ob er sich zutraut, die Rolle wieder zu übernehmen. Sebastian war schon bei den vorigen Aufführungen dabei, spielte nach ausgeheilter Verletzung bei den Volkszenen als Bogenbauer mit. Dass er viele Proben begleitet hat, hilft ihm nun, die Hauptrolle wieder zu übernehmen, die auf so ungewöhnliche Weise zu ihm zurückgekommen ist.

Sebastian Weitzel überlegt nicht lange. Um auszuprobieren, ob er sich in der Rolle wohlfühlt, probt er vier Tage lang mit dem Team. Und zwar quer durch alle Szenen. Kämpfer und Hauptdarsteller eilen zur Bühne, um zusammen mit Sebastian Szene um Szene zu stellen. Schnell ist klar: Sebastian kennt den Text fast auswendig.

Simon Winter, mittlerweile aus der Klinik zurück, sitzt mit geschientem Fuß und Krücken vor der Bühne und coacht Sebastian. Schritt für Schritt führt er ihn durch die einzelnen Szenen. Für Sebastian, der in Vollzeit in einer Schreinerei arbeitet, eine große Belastung. Einen Tag nimmt er Urlaub, den Rest meistert er in der Freizeit. Mit schier unerschöpflicher Ausdauer und bemerkenswerter Energie.

Markus Winter ist begeistert: „Ich bin überwältigt von Deiner Leistung“, sagt er dem jungen Schauspieler. Auch Simon Winter, der nun leider eine lange Spielpause einlegen muss, ist zufrieden. Es sei eine Leistung des gesamten Teams, dass Robin Hood auch in den kommenden drei Wochen zu sehen ist. Denn alle helfen mit, diese neue Situation zu bewältigen. „Alle halten zusammen“, sagt Simon Winter.

Für Regisseurin Tanja Emmerich lag das Augenmerk in den vergangenen Tagen vor allem auf den Kampfchoreografien und den Schlüsselszenen, die sie nun noch mit Sebastian Weitzel und den übrigen Darstellern neu einüben musste. Denn hier kommt es auf jede Bewegung an. Wege und Abläufe müssen deshalb stimmen und trainiert werden. Dass Sebastian spielen will, ist ihm bei den Proben anzusehen. Mit bemerkenswertem Mut und hoch motiviert übernimmt er nach dem mehrtägigen Schnelldurchlauf seine erste Hauptrolle. „Einfach Spaß haben und machen“, so bezeichnet er seine Einstellung vor der nächsten Aufführung. Spaß, den sicher auch die Besucher haben werden, wenn die Dilsberger Bühne sich weitere fünf Mal in den Sherwood Forest verwandelt.

T: mbue

B: BZ, Lisa Vogt