Musikalische Zeitreise beim Jubiläumskonzert

100 Jahre Musikverein Trachtenkapelle Dilsberg

Einen besseren Einstieg ins Jubiläumsjahr hätte sich die Trachtenkapelle nicht wünschen können! Vor vollbesetztem Haus begrüßte der erste Vorstand Reinhard Greulich am Samstag in der Dilsberger Graf-von-Lauffen-Halle die zahlreichen Gäste und Ehrengäste. „Endlich wieder ein Fest, nach drei Jahren Pause“, so war es im Publikum vielfach zu hören und die Vorfreude spürbar. Schon beim Einlauf wurden die Musikerinnen und Musiker vom Publikum mit anhaltendem Beifall empfangen.

Als „eine Zeitreise in die Vergangenheit“ kündigte Greulich das Konzert an. Entlang der Lieder aus verschiedenen Jahrzehnten blickte er im Verlauf des Konzerts zurück auf die wechselvolle Geschichte der Trachtenkapelle, sowie auf Chorleiter und Vorstände, die den Verein geprägt und getragen haben.

Als Reinhard Greulich darauf hinwies, dass neben dem großen Jubiläum an diesem Abend auch das „kleine Jubiläum“ des Dirigenten und musikalischen Gesamtleiters, Walter Nußko, gefeiert würde, gab es spontan Szenenapplaus. In einer Zeit der Dirigentenlosigkeit, so Greulich, hatte Walter Nußko diese Aufgabe ursprünglich nur aushilfsweise für kurze Zeit übernehmen wollen.

Ein breit gefächertes Musikprogramm hatte er für das Jubiläumskonzert zusammengestellt und dirigierte dies in seiner unnachahmlichen Art mit viel Körpereinsatz – leidenschaftlich und einfühlsam. Die Trachtenkapelle begeisterte das Publikum von Anfang an und lud mit der Musik zum Mitklatschen und Mitwippen ein. Mit viel Freude und Hingabe boten sie eine unglaubliche, gekonnte und präzise musikalische Leistung dar. Durch die Art der musikalischen Interpretation gaben sie zudem vielen Musikstücken einen neuen Akzent und meisterten auch schwierige Passagen mit Bravour.

Passend zu den Anfängen und dem beginnenden Frühjahr bildete der Konzertmarsch „Die Sonne geht auf“ den Auftakt des Abends. Im Gründungsjahr 1923 hatte es vor allem Freizeitmusiker gegeben, die in zwei formlosen Gruppierungen musizierten. Im damaligen Rainbacher Gasthaus „Zum Neckartal“ gründeten 19 von ihnen gemeinsam den „Musikverein 1923 Dilsberg“. Da in den Kriegswirren das damalige Notenmaterial und mögliche Aufzeichnungen verloren gegangen waren, wurde diese Epoche durch musikalische Ohrwürmer der 20-er Jahre beleuchtet. Lieder wie „Am Sonntag will mein Süßer mit mir Segeln gehen“ oder „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“ sorgten für ausgelassene Stimmung. Diesen, und später weitere Gesangsparts, übernahm in gewohnter und vertrauter Weise der langjährige musikalische Freund des Chores, Karim Choukair, mit seiner markanten und ausdrucksvollen Stimme.

Nach der „Romanze für Tenorhorn“, folgten zwei Grußworte, in denen die Bedeutung des Vereins, auch über die Musik hinaus, deutlich wurde. Bürgermeister Frank Volk beglückwünschte den Verein, dass dieser trotz seiner 100 Jahre noch so jung und frisch daherkäme. Sein Dank ging an die Aktiven, an den Vorstand und alle helfenden Hände im Hintergrund. Entscheidend, so Volk, sei die Freude, die mit der Musik verbreitet würde. Ebenfalls habe der Verein einen großen Anteil an sozialen Bindungen für die Gesellschaft und in der Ausbildung des Nachwuchses. Mit Dank und der Aufforderung „weiter so“, beendete Volk seine Rede. Ortsvorsteher Andreas Erles bezeichnete die Trachtenkapelle als “musikalisches Aushängeschild“. Sie sei für das gesellschaftliche und musikalische Leben im Ort wichtig. Mit großem ehrenamtlichem Engagement und als Bewahrer von Traditionen sei der Verein nicht mehr wegzudenken. Er hob auch die Arbeit von Reinhard Greulich und Walter Nußko heraus, die den Verein zu dem gemacht habe, was er heute ist. Er wünschte am Ende alles Gute und eine Weiterführung der bisherigen Beständigkeit des Vereins.

Die Arbeit des Vereins war in den Kriegsjahren, so Greulich, so stark zum Erliegen gekommen, dass es 1953 fast zur Auflösung des Vereins gekommen wäre. Aber schicksalshafte Situationen würden manchmal auch beflügeln „im Sinne der Sache weiterzumachen“ oder solche Situationen musikalisch zu verarbeiten.

An dieser Stelle trug der erste Vorstand ein Gedicht des Musikers Uwe Stoye vor, der nach einem Unfall mit körperlichen Einschränkungen konfrontiert worden war und dies in vorbildlicher Weise angenommen habe. Er trug im Namen des Trompeters ein Dankes-Gedicht an die Mitmusizierenden vor, die ihn „sprichwörtlich wieder auf die Bühne getragen hätten“ und ihn bis heute unterstützen. Ebenfalls ging ein Dank an „seine Ramona“, die einen großen Anteil daran habe, dass er wieder musizieren könne.

Auch hier wurde wieder die enge Gemeinschaft, die Verbundenheit und das gute Miteinander innerhalb der Trachtenkapelle deutlich. Alle tragen ihren Teil dazu bei. Sei es mit Freude und Hingabe beim Konzert, mit verschiedenen Tätigkeiten innerhalb des Vereins, aber auch beim Blick auf andere und auf unseren Ortsteil. Humor und gegenseitige Wertschätzung, teils auch gemeinschaftliche Freizeitaktivitäten tragen zur inneren Bindung des Vereins bei. Großen Anteil daran haben der erste Vorstand, Reinhard Greulich, und die zweite Vorsitzende, Annette Maurer.

Eine Polka leitete über zu einer wichtigen Wegmarke in der Geschichte des Vereins. Die erste Generalversammlung nach dem Krieg im März 1956 führte zu einer Neuordnung des Vereins und zur Wiederaufnahme der regelmäßigen musikalischen Tätigkeit. Die Beschaffung der ersten offiziellen Tracht und die Umbenennung zum „Musikverein Trachtenkapelle 1923 Dilsberg e.V.“, jetzt als eingetragener Verein, fiel ins Jahr 1970. Der damalige Dirigent hatte gute Beziehungen zur „33. US Army Band“. Diese gestaltete auch das 50-jährige Bestehen des Vereins mit. Durch die Zusammenarbeit entwickelten sich vielfältige Freundschaften, die bis heute anhalten. Der schwungvolle Musikklassiker „In the Mood“ erinnerte daran.

Singend schloss Reinhard Greulich mit „Es wird in 100 Jahren wieder so ein Frühling sein“, den ersten Programmteil ab. Die Pause war gefüllt mit Gesprächen und Begegnungen. Die Versorgung mit Speisen und Getränken hatte, wie schon seit vielen Jahren, wieder der SSV Dilsberg übernommen.

Nach der Pause überraschte Walter Nußko mit Alphornklängen. Gemeinsam mit der Kapelle erklang einfühlsam das Stück „Alphornzauber“. Während der Chorleiter das Alphorn spielte, dirigierte Nachwuchs-Kapellmeister Moritz Kaiser, der seine Ausbildung im Verein hatte genießen dürfen. Auch hatte er in der vergangenen Zeit immer wieder als Vertretung den Musikverein dirigiert.

Reinhard Greulich nahm im Anschluss das Jubiläum von Walter Nußko in den Blick. Als unmittelbarer Nachbar hatte er ihn überredet, auf dem Dilsberg auszuhelfen. Daraus seien 25 Jahre geworden, ein Viertel der zurückliegenden 100 Jahre und somit die längste Dirigentschaft der Vereinsgeschichte. Was der Verein an Walter schätze, seien seine Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit, sein Einsatz für den Verein auch über die Musik hinaus, sein Können und seine Vielfältigkeit, wenn es darum ginge, etwas einzustudieren. Er sei in der Lage, nahezu jedes Instrument in der Kapelle zu spielen. Für das Jubiläumskonzert wollte er sich etwas Besonderes einfallen lassen. In den vergangenen Wochen habe er sich darum mit dem Alphorn beschäftigt. Reinhard Greulich übergab das Geschenk des Chores, gratulierte Walter Nußko und dankte ihm und seiner Frau Ursula. Das Publikum unterstützte und bestätigte diesen Dank mit anhaltendem Applaus.

Mitte der siebziger Jahre verfestigte sich die personelle Lage des Vereins. Die böhmische Blasmusik und teilweise konzertante Literatur hatten sich im Repertoire etabliert. Es gelang auch, gut bezahlte Auftritte zu erhalten, die es möglich machte eine erste musikalische Verstärkeranlage zu beschaffen und die Tracht durch eine neue Version zu ersetzen. Die „Flower-Power-Selection“ erinnerte mit verschiedenen Liedern, wie z.B. „San Francisco“ an diese Zeit.

Zwischen dem großen Jubiläum des Vereins und dem kleineren Jubiläum des Dirigenten wurde an dieser Stelle auf ein weiteres Jubiläum aufmerksam gemacht. Als Überraschung für Reinhard Greulich hielten Valerie und Julia Maurer eine treffende und humorvolle Rede für ihn. 27 Jahre hat er die Vorstandschaft nun inne. Gemeinschaft und Zusammenhalt habe er stets gelebt. Seit 1975 aktives Mitglied wurde er 1996 in den Vorstand gewählt.

Geschätzt wäre seine ruhige und besonnene Art, die Pflege von Vereinsfreundschaften, dass er an das Wohlergehen aller denke und es mit ihm immer einen Grund zum Lachen gäbe. Sie lobten seine herzliche Art, sein offenes Ohr und dass er den Zusammenhalt im Verein stärke.

Augenzwinkernd und liebevoll erzählten sie auch kleine Anekdoten aus dem Probenalltag. In ihren Worten wurde die große Akzeptanz und Wertschätzung der Kapelle Reinhard Greulich gegenüber deutlich, die auch das Publikum mit einem anhaltenden Applaus bestätigte. Greulich wertete die Rede der beiden Musikantinnen schmunzelnd als „Bewerbung für das Vorstandsamt“, das er auch nicht mehr ewig ausüben wolle.

Weiter ging es mit der Geschichte des Vereins. Lange Jahre hatte die Trachtenkapelle im Dilsberger Kommandantenhaus geprobt. Als dieses verkauft wurde, gelang es gemeinsam mit dem Turnverein und der damaligen Vorstandschaft , eine Nutzungsvereinbarung für die Tuchbleichenhalle mit der Stadt Neckargemünd zu treffen. Bis heute ist dies das Domizil des Musikvereins geblieben. Udo Lindenbergs Lied „Hinterm Horizont“, moderierte Greulich, verweise darauf, dass es immer wieder Lösungen gäbe und dass es weitergeht. Mit einem coolen Hut schlüpfte Karim Choukair gelungen in Udos Rolle.

Mit weiteren Stücken ging es nun dem Ende zu. Reinhard Greulich erinnerte u.a. daran, dass durch Walter Nußkos Leidenschaft auch Musicalmelodien in der Kapelle Einzug gehalten haben. Dies wurde dokumentiert mit einer eindrucksvollen instrumentalen Fassung aus dem „Tanz der Vampire“.

Danach stellte Reinhard Greulich alle Mitwirkenden namentlich vor. Dank an die Mannschaft, an die Vorstandschaft, an Karim mit einem Präsent, stellvertretend für alle Musikerinnen und Musiker. Und nicht zuletzt ein herzlicher Dank an das Publikum, das die Trachtenkapelle schon über so viele Jahre begleitete. Darüber hinaus dankte er dem SSV Dilsberg für die Bewirtung und Maxi Jacobs für Licht und Ton.

Mit dem Egerländer Jubiläumsmarsch endete das Konzert. Den Gesangspart übernahm Reinhard Greulich. Die letzte Zeile des Lieds „nur wer Musik liebt, bleibt immer in Schwung“ könnte genauso als passende Beschreibung für die Musikerinnen und Musiker gelten. Der harmonische Gesamtklang, die Virtuosität und Präzision der Musizierenden und die eindrucksvollen solistischen Einlagen überzeugten und berührten das Publikum. Die abwechslungsreiche Zusammenstellung des Konzertprogrammes gepaart mit der Geschichte des Vereins ließen die Zeit wie im Flug vergehen.

Als Zugabe wurde noch einmal Lindenbergs Lied gespielt und gesungen. Die  Liedzeile „hinterm Horizont gehts weiter“ führte den Blick über den Abend hinaus und lässt auf viele weitere so wunderbare Konzerte hoffen.

Reinhard Greulich lud schon zum nächsten Event ein. In diesem Jahr gibt es mehrere Jubiläen. Ein gemeinsamer Gottesdienst mit anschließendem Fest findet am 1. Mai statt. Gefeiert werden 150 Jahre evang. Kirche, 100 Jahre Musikverein und Nachtwächter und 50 Jahre Schützen.

Die befreundete Trachtenkapelle Mückenloch, unter der Leitung von Dennis Nussbeutel, übernahm die weitere musikalische Gestaltung und sorgte für Stimmung in der Halle.

Ein Großteil des Publikums verweilte noch lange und freute sich über die Gelegenheit, gemeinsam feiern zu können. Viele ließen sich von der Musik der Mückenlocher Trachtenkapelle mitreißen und genossen die Partystimmung.

An der gut besuchten Bar wurden die Gäste von Mitgliedern der Burgbühne Dilsberg bestens versorgt. Es wurde getanzt, erzählt und gelacht.

Dabei wurde deutlich, dass sich die Begeisterung und Gemeinschaft, die in der Trachtenkapelle Dilsberg  gelebt wird, auch auf das Publikum übertragen hat. So muss es sein!

Bilder: Burkard Zantopp

Text: Michaela Deichl