Eine Weihnachtsgeschichte – Wiedersehen

Wiedersehen zur Weihnacht

Von Ferdinand Hefemer

Sabine Wirth, geborene Bertel wohnt in Dilsberg, wo sie auch geboren wurde. Mit ihren 75 Jahren ist sie bereits seit einigen Jahren Witwe. Die Tochter, Christa Berger lebt mit ihrem Ehemann in Wiesloch. Deren beide Kinder Jannik und Laura, 25 und 21 Jahre alt, sind bereits außer Haus. Sabines Sohn Paul ist schon in jungen Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen.

Sabine leidet darunter, dass sie außer ihrer Tochter und deren Familie keine weiteren näheren Verwandten mehr hat. Ihre einzige, fünf Jahre jüngere Schwester Gertrud ist vor 45 Jahren im Zorn nach Australien ausgewandert und hat nie mehr etwas von sich hören lassen. Sie weiß also nicht, ob diese überhaupt noch am Leben ist und in welcher Lebenssituation sie sich befindet.

Nun, in der Adventszeit überdenkt auch Sabine mehr als sonst ihre eigene Situation und die ihrer nahen Angehörigen. Die Sehnsucht, doch noch einmal etwas von ihrer Schwester Gertrud zu erfahren wird immer größer, zumal sie sich an dem Kontaktabbruch mitschuldig fühlt.

Der Heilige Abend kommt, der Tag, an dem im Hause Wirth mit der ganzen Familie gefeiert wird. Neben der Tochter Christa und ihrem Ehemann Sven kommen auch traditionell die beiden Enkel dazu. Laura studiert in Köln und Jannik hat nach seiner Ausbildung bei der hiesigen Volksbank zu einer großen Handelsbank in Hamburg gewechselt.

Beim gemeinsamen Kaffeetrinken dankt Sabine ihrer Familie, dass sie so treu zu ihr hält. Aber mit einem Seufzer kommt sie auf Ihren Kummer zurück: „Wenn ich nur wüsste, ob meine Schwester Gertrud noch lebt und wie es ihr geht. Zumal es noch ein Erbproblem gibt: Im Grundbuch von diesem Haus hier, das Ihr einmal erben sollt, ist neben mir, der drei Viertel des Hauses gehört, immer noch Gertrud mit einem Viertel eingetragen. Allerdings hat unser Vater ihr noch einige tausend Mark Startkapital für Australien zur Verfügung gestellt.“

Schwiegersohn Sven beschwichtigt: „Für das Problem wird es schon eine Lösung geben. So eine verzwickte Grundbuchfrage wird es noch häufiger geben, sodass ein Notar hierfür eine Lösung finden wird.“

Nach dem Kaffee machen sich Laura und Jannik zu einem kleinen Bummel über den Dilsberg auf. Als sie an der neuen Linde hinter Manns Hannes Haus stehen, um auf Neckarsteinach zu schauen, beklagt Jannik: „Jedes Jahr jammert Oma darüber, dass sie von ihrer Schwester außer der Tatsache, dass sie nach Australien ausgewandert ist, nichts weiter weiß. Eigentlich müsste man im Zeitalter des Internets doch Personen in Australien auffinden können, sofern sie zumindest einen Teil ihres Nachnamens behalten haben. Ich denke, ich recherchiere nachher mal mit meinem Laptop. Zum Glück haben wir letztes Jahr für Oma eine vernünftige Internetverbindung organisiert.“

Nach dem Kaffee machen sich Laura und Jannik zu einem kleinen Bummel über den Dilsberg auf. Als sie an der neuen Linde hinter Manns Hannes Haus stehen, um auf Neckarsteinach zu schauen, beklagt Jannik: „Jedes Jahr jammert Oma darüber, dass sie von ihrer Schwester außer der Tatsache, dass sie nach Australien ausgewandert ist, nichts weiter weiß. Eigentlich müsste man im Zeitalter des Internets doch Personen in Australien auffinden können, sofern sie zumindest einen Teil ihres Nachnamens behalten haben. Ich denke, ich recherchiere nachher mal mit meinem Laptop. Zum Glück haben wir letztes Jahr für Oma eine vernünftige Internetverbindung organisiert.“

Zu Oma Sabines Haus zurückgekehrt, verschwindet Jannik mit seinem Laptop ins Gästezimmer, dem ehemaligen Kinderzimmer seiner Mutter. Laura gesellt sich kurz danach auch dazu. Und so begeben sich die beiden auf die Internetreise nach Australien. Oma Sabine ist schon etwas enttäuscht, dass die beiden sich vor der Bescherung und dem Abendessen zurückziehen. Aber Tochter Laura beschwichtigt: „Du musst das verstehen. Vielleicht basteln sie noch an einem besonderen Weihnachtsgeschenk.“

Der Weihnachtsabend nimmt seinen gewohnten Verlauf: Nach dem gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern und dem Austausch von Geschenken gibt es einen herrlichen Rehbraten und ein köstliches Dessert. Als alle wohl gesättigt sind und sich im Wohnzimmer niedergelassen haben, ist es schon halb elf Uhr, Zeit um sich zum Schlafen zu begeben. Denn zur Tradition gehört es, dass Christas Familie in Dilsberg übernachtet und auch den ersten Weihnachtstag bei der Großmutter verbringt.

Als Sabine Wirth gerade allen eine „Gute Nacht“ wünschen will, unterbricht sie Jannik: „Ich habe noch eine kleine Weihnachtsüberraschung: Laura und ich haben im Internet eine Telefonnummer in Sidney unter dem Namen Jenkins-Bertel gefunden. Es ist doch sehr wahrscheinlich Oma, dass die Telefonnummer diejenige Deiner Schwester ist.  Wenn Du willst, könnten wir dort so gegen halb zwölf Uhr anrufen, dann ist es dort halb neun Uhr morgens. Da wird diese Frau Jenkins-Bertel sicherlich schon aufgestanden sein.“

Oma Sabine ist sprachlos. Sollte es möglich sein, doch noch einmal Kontakt zu ihrer Schwester zu bekommen?

Die Stunde bis zum vorgesehenen Anruf vergeht schnell. Schließlich interessiert es Oma doch, was Laura in ihrem Studium erfährt und Jannik bei seiner Großbank erlebt.

Punkt halb zwölf zückt Jannik sein Mobiltelefon und wählt die gefundene Nummer: Nach mehreren Klingeltönen wird in Sidney das Telefon abgenommen:

„Jenkins“ meldet sich am Telefon. „Here is Jannik Berger, calling for Miss Wirth-Bertel. May i talk to Miss Jenkins-Bertel?“

Die Stunde bis zum vorgesehenen Anruf vergeht schnell. Schließlich interessiert es Oma doch, was Laura in ihrem Studium erfährt und Jannik bei seiner Großbank erlebt.

Punkt halb zwölf zückt Jannik sein Mobiltelefon und wählt die gefundene Nummer: Nach mehreren Klingeltönen wird in Sidney das Telefon abgenommen:

„Jenkins“ meldet sich am Telefon. „Here is Jannik Berger, calling for Miss Wirth-Bertel. May i talk to Miss Jenkins-Bertel?“

Es entsteht eine lange Pause. Man kann hören, dass in Sidney heftig diskutiert wird. Dann meldet sich mit einer brüchigen Stimme: „Gertrud Jenkins-Bertel“, – Pause – staksend geht es weiter: „Sabine bist du das, meine Schwester?“ Oma Sabine muss mehrmals ihre Tränen unterdrücken bevor sie antworten kann: „Ja, ich bin‘s, Deine Schwester. Was für ein Wunder, dass wir uns sprechen können. Wie geht es dir?“

Nach einer längeren Pause meldet sich wieder Jenny Jenkins, die Tochter von Gertrud: „Wir können uns auf Deutsch weiter unterhalten. Unsere Mutter hat uns Kindern auch Deutsch gelehrt und ich bin inzwischen Dozentin für die deutsche Sprache. Leider kann meine Mutter nicht gut sprechen, da sie letztes Jahr einen Schlaganfall erlitten hat. – Wie wäre es, wenn wir unsere Internetadressen austauschten, um uns dann über Video zu unterhalten und uns auch zu sehen?“

„Das wäre wunderbar“ antwortet Oma Sabine, „bis dahin habe ich mich auch wieder gefasst.“

Jannik, der inzwischen wieder das Telefon übernommen hat bespricht mit seiner neu gewonnenen Tante die näheren Einzelheiten zum Internetkontakt am nächsten Tag, für die Dilsberger am späten Vormittag und für die Australierinnen am Abend.

Das ausführliche Internet-Treffen am Weihnachtstag bringt dann zutage, dass die beiden Schwestern Christa und Sabine sich doch nach all den Jahren noch sehr ähnlichsehen. Der Austausch über die jeweiligen vergangenen Zeiten nimmt fast kein Ende. Schließlich schlägt Christa vor, dass sie mit ihrer Mutter Sabine im nächsten Jahr, sofern es die Gesundheit erlaubt, nach Australien kommen könnten. Dieser Vorschlag wurde von Gertrud und Jenny dankbar aufgenommen.

Nach Ende des Internet-Familientreffens fragt Schwiegersohn Sven Berger: „Und was ist nun mit der Grundbuchgeschichte?“ Oma Gertruds unwirsche Antwort: „Daran denken wir doch jetzt nicht. Ich freue mich einfach, dass meine Schwester noch lebt und ich sie wieder gefunden habe.“