
„Ach, wenn wir doch nur Klarinetten hätten!“, schrieb Mozart 1778 an seinen Vater, nachdem er in Mannheim die Klarinette im Orchester gehört hatte. Begeistert von ihrem „herrlichen Effekt“ machte er sie zu einem seiner Lieblingsinstrumente. Heute ist die Klarinette aus der Klassik nicht mehr wegzudenken. Sayaka Schmuck ließ sie am Freitagabend im Dilsberger Kommandantenhaus wie eine menschliche Stimme erklingen – begleitet vom Pianisten Helge Aurich.


Dass er überhaupt am Flügel saß, war eine glückliche Fügung, denn wie Ulrich Bäuerlein von der Kulturstiftung Rhein-Neckar berichtete, fiel der ursprünglich im Programm vorgesehene Pianist Benyamin Nuss aus. „Zum Glück sind auch wir ein eingespieltes Duo“, beruhigte Schmuck das Publikum mit einem Schmunzeln.


Beim dritten Konzert der 21. Dilsberger Kammermusiktage spielten sie als Duo vor rund 60 Gästen ein virtuoses Programm von Klassik bis Jazz. Gleich zu Beginn spannte Thorvald Hansens „Konzertwalzer“ den Bogen von Kraft zu Leichtigkeit, die den Abend prägte. Das Publikum wippte mit, schloss die Augen, ließ die Musik sprechen. Der Übergang zu Erik Saties „Gymnopédie“ gelang mühelos und führte in sanfte Klangwelten. Vier Miniaturen von Edvard Grieg folgten: „Arietta“, „Schmetterling“, „Melodie“ und „Zug der Zwerge“.


Aurich übersetzte mit nuanciertem Anschlag Natur und nordische Melancholie in Musik. Mozarts berühmtes Adagio aus dem Klarinettenkonzert A-Dur schloss sich an – eine seiner schönsten Melodien, bekannt aus dem Film „Jenseits von Afrika“. Mit langen Atembögen und feinem Pianissimo ließ das Duo den Zauber fließen – zärtlich ausbalanciert zwischen beiden Instrumenten.


Vor der Pause durfte das Publikum einen Bonus wählen: „Welches ‚Ave Maria‘ kennen Sie denn?“, fragte Schmuck und bot Bach/Gounod und Schubert an. Die Mehrheit entschied sich für Schubert. „Die Musik baut auf, das tut der Psyche einfach gut“, bemerkte eine Zuhörerin staunend.


In der Pause ging es ins Dachgeschoss, wo die Helfer der Kulturstiftung Häppchen und Getränke servierten.


Für den zweiten Teil des Abends erschien das Duo in neuem Gewand: Schmuck wechselte vom weinroten Kleid ins kleine Schwarze; Aurich vom weißen ins dunkelblaue Hemd. „Das habe ich mir von berühmten Sängerinnen abgeschaut“, erklärte Schmuck augenzwinkernd. „Oh bitte, können Sie auch für mich einmal dieses Raunen durch den Saal gehen lassen?“ Das Publikum lachte und folgte. Gershwin ist ihr Lieblingskomponist, verriet Schmuck.

Auch Aurich fasziniert die Magie, die zwischen Klassik und Jazz in Gershwins Stücken entsteht. „Three Preludes“ lud zum Träumen ein: Mal führte das Klavier, mal die Klarinette. Aurichs Soli „The Man I Love“ und „I Got Rhythm“ verbanden souverän beide Stile. Drei weitere Jazz-Stücke – „Night and Day“ (Cole Porter), „Memories of You“ (Eubie Blake) und „On the Sunny Side of the Street“ (Jimmy McHugh) – wirbelten in jeden Winkel des historischen Saals. Ein weiteres Genre öffnete der Nuevo Tango. Zu Astor Piazzollas „Libertango“ forderte Schmuck das Publikum auf, das „Tanzbein im Sitzen“ zu schwingen.


Den Abschluss bildete Vittorio Montis „Csárdás“. Getragen zu Beginn zündeten Schmuck und Aurich mit rasanten Läufen ein Feuerwerk. Kurze Stille. Dann Jubel. Es war der Ohrwurm für den Heimweg. Sayaka Schmuck, aus Bad Waldsee, studierte in Weimar, Hannover und Berlin, ist mehrfach ausgezeichnet und konzertiert mit Orchestern wie den Münchner Philharmonikern und den Bamberger Symphonikern.
Helge Aurich, gebürtiger Stuttgarter, studierte in Freiburg und Rostock, gewann wie Schmuck zahlreiche Preise. Er lehrt an der Musikhochschule Stuttgart.
Info: Das nächste Konzert findet am 21. November statt mit Rudolf Meister (Klavier) und Alexander Hülshoff (Violoncello).
T.+B. mbue
