50 Jahre Organist in Dilsberg – Kirchengemeinde verabschiedete Hermann Schemmel

Ein etwas ungewohnter Anblick bot sich am zweiten Adventssonntag in der evangelischen Kirche Dilsberg: Hermann Schemmel saß nicht an der Orgel, sondern in der ersten Bankreihe. Die Kirchengemeinde verabschiedete im Gottesdienst ihren langjährigen Organisten. 2026 hätte er sein 50. Jubiläum gefeiert – ein halbes Jahrhundert, in dem er den Klang von Dilsberg und Mückenloch prägte.

Michaela Deichl, Pfarrerin im Ruhestand, die den Gottesdienst gemeinsam mit Pfarrerin Franziska Schmidt leitete.

An der Orgel spielte Schemmels Nachfolgerin Sunghye Moon. Viele Gemeindemitglieder waren gekommen, um „ihrem“ Organisten zu danken. Die Kirchencombo, geleitet von Markus Gaa am Piano, sorgte für einen schwungvollen musikalischen Rahmen. Thomas Gorny (Gitarre), Martin Oemler, Karlheinz Streib, Claudia Rittmüller, Annette Maurer, Michaela Deichl, Manu Büch und Franziska Schmidt ließen Lieder wie „Mit dir Maria singen wir“, „Ich sage ja“ und „Lobe den Herrn, meine Seele“ feierlich durch die Kirche klingen.

Pfarrerin Schmidt griff in ihrer Predigt die Zeichen an Sonne, Mond und Sternen auf, die im Lukas-Evangelium das Ende der Zeiten ankündigen, aber auch das Warten auf die Ankunft. Sie spannte den Bogen zur Gegenwart, in der Unsicherheiten und Konflikte viele Menschen belasten. Advent, so Schmidt, sei eine Zeit der Erwartung und der Hoffnung. Der Gedanke, dass Worte bestehen bleiben, führte zu Hermann Schemmels Wirken.

Als Michaela Deichl mit ihm nach vorne trat, füllte anhaltender Applaus die Kirche. Schemmel lächelte, verbeugte sich bewegt und sagte: „Ich habe das immer sehr gerne gemacht und werde diese Zeit in fester Erinnerung behalten.“ Seit 1976 war er Organist in Dilsberg – „gefühlt sogar noch länger“, merkte Deichl gerührt an und zeichnete seinen Lebensweg nach. Aufgewachsen mit fünf Geschwistern auf einem Bauernhof in Geldersheim bei Schweinfurt, entdeckte Schemmel früh die Musik. Sein Vater war Organist und Chorleiter, ein Klavier stand im Haus. In der Klosterschule des Augustinerordens erhielt er Klavierunterricht. Nach dem Abitur trat er ins Ordensleben ein, legte sein Gelübde ab, studierte katholische Theologie im Würzburger Augustinerkloster und wurde Priester. 1965 verließ er den Orden aus persönlichen Gründen, heiratete und gründete eine Familie.

In Seckenheim, wo er Orgel spielte, nahm der dortige Pfarrer ihn in die evangelische Kirche auf. Während seiner beruflichen Neuorientierung stieß Schemmel dann auf eine Anzeige des Kirchenmusikalischen Instituts Heidelberg – kurz KI. „Früher bedeutete KI noch Kirchenmusikalisches Institut, nicht künstliche Intelligenz“, habe er damals mit einem Augenzwinkern zu ihr gesagt, erinnerte Deichl. Der Satz zeige seinen Humor und seine wache Neugier. Bis heute interessiere er sich für Politik und das Weltgeschehen. „Und dein Wissen ist wirklich beeindruckend“, fügte sie hinzu. Das Kirchenmusikstudium war der nächste logische Schritt. Seine erste Kantorenstelle führte ihn nach Gaggenau, später lehrte er als Dozent am Kirchenmusikalischen Institut (heute Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg). Schließlich kam er über die Ausschreibung „Organist gesucht“ auf den Dilsberg – und blieb. Parallel übernahm er die Gottesdienste in Mückenloch. Damals wurde noch jeden Sonntag gefeiert, an Feiertagen ebenfalls. Schemmel begleitete fast alle Gottesdienste, dazu unzählige Taufen, Trauungen und Beerdigungen. „Wenn wir jemanden brauchten – geplant oder spontan –, er war da“, sagte Deichl.

Musik sei Schemmels Leidenschaft, und bei Festen sei er überzeugt: „Feiern geht nicht ohne Musik.“ Deichl segnete Hermann Schemmel und überreichte ihm anschließend eine Urkunde des Kirchenmusikverbands sowie die Geschenktüte des Ältestenkreises, der ihn anschließend zu einem gemeinsamen Mittagessen ins Gasthaus „Zur Sonne“ einlud. Als Adventslied wünschte sich Schemmel „Wie soll ich dich empfangen“. Er sang – ausnahmsweise von der Kirchenbank aus – freudig mit. Ein herzlicher Abschied im rundum gelungenen Gottesdienst, der mit dem Abendmahl und Orgelmusik endete. Und ganz im Ruhestand ist Schemmel dann doch nicht: Falls mal eine Vertretung gebraucht wird, steht er weiter bereit: In diesem Jahr sprang er in Mückenloch bereits zweimal ein.

T.+B. mbue, BZ